Devils Island

0.Kapitel: Prolog

Dunkelheit hüllte sie ein und nur das leise knarzen der Dilen unter ihr, war zu vernehmen. Das und das gemächliche schaukeln, dass ihr die nähe zum Ozean verriet, der unablässig nach ihr rief. So nahe und doch so unendlich fern. Innerlich wandte sie sich, nicht die kühle salzige Seeluft in ihrem Haar zu spüren und das kühle Nass auf ihrer Haut. Stattdessen spürte sie eine innere Unruhe und die schwere Erde, die ihre Haut berührte. Die ihren Körper lähmte und ihr untersagte auch nur einen einzigen Muskel zu rühren. Langsam und schwerfällig hob sie ihre Augenlider. Dämmerlicht drang zu ihr durch, dass von einer einzelnen Kerze in einer gläsernen Laterne stammte.

Ihr Mund fühlte sich taub an und der Stoff der zwischen ihren Zähnen steckte, schien jegliche Feuchtigkeit auf zu saugen, die sich je darin gebildet hatte. Sie gab ein leises Stöhnen von sich. Die Welt lag auf der Seite, sodass sie einen verschwommenen Blick auf die Dielen hatte. Ein Schiff. Die Erkentniss kroch langsam in ihren Kopf, wie eine verhängnisvolle Offenbarung.

Müde schloss sie ihre Augen wieder und wollte sich der nahenden Dunkelheit wieder hingeben.

Doch ein Beben dass durch ihren gesamten Körper ging, ließ sie ihre Augen wieder öffnen. Sie glänzten wie violett farbene Opale in der Dunkelheit, doch der ihr Glanz war kaum mehr das, was sie einst wohl gewesen sein mochten. Stumpf und glanzlos, besaßen sie nur noch die hälfte ihrer einstigen Schönheit.

Dumpfe Geräusche drangen zu ihr durch, bevor ein erneutes Beben ihren Körper erzittern ließ.

Für einen Moment war ihr nicht ganz klar, ob nur ihr Körper war der bebte oder ob es das Schiff war.

Doch dann flog die Tür zu ihrer Zelle auf und sie sah Stiefel, die schnellen Schrittes auf sie zu kamen. Teilnahmslos sah sie ihnen zu, bis sie vor ihrem Gesicht hielten. Einer der Stiefel hob sich und sie spürte nur entfernt, wie man sie auf den Rücken rollte.

Ihr Blick verschwam für einen Augenblick, doch dann sah sie in das Gesicht des Mannes, dem die Stiefel gehörten.

Sein Blick war düster und sie konnte aus seinen kalten grauen Augen den Missmut heraus lesen.

Irgendetwas war passiert. Ihre Gedanken fühlten sich zäh und schwer an. So wie ihr gesamter Körper.

Dumpf pochender Schmerz, zog sich zu dieser unerträglichen Schlappheit hinzu, die noch deutlicher wurde, als der Mann sich zu ihr herab beugte und nach ihr griff. Sie gab ein wimmern von sich, als er grob nach ihrem Arm griff. Mit einem eher rücksichtslosen Ruck, hiefte er sich die wehrlose Frau auf die rechte Schulter, die ein schwaches Stöhnen bei den schmerzhaften Berührungen, von sich gab.

"Zeit zu verschwinden." Erklärte er, wobei seine Stimme in ihren Ohren sich entfernt anhörte. Ein wenig so, als wenn Watte in ihren Ohren stecken würde.

Er machte kehrt und so schnell wie er die kleine Zelle betreten hatte, so schnell verließ er sie auch auch wieder.

Er bog in einen schmalen, Holzverkleideten Gang ein, an dessen Ende sich ein steile Treppe befand, die er mit schnellen und gewagten Schritten nahm.

Und als sie ins Freie traten, war es wie ein schlag ins Gesicht für sie. Die Sonne, die hell und hoch über ihnen strahlte, blendete unbarmherzig ihre Augen, sodass sie diese fest zusammen kneifen musste.

Obwohl ihre Augen nichts sehen mochten, so waren doch ihre anderen Sinne zum zerreißen gespannt. Es war laut. Ohrenbetäubend Laut. Sie hörte das grausig bekannte sirren durch die Luft wirbelnder Kugeln und das beängstigende splittern von Holz, wenn die gusseisernen Kugeln tief in das Holz drangen.

Lautes Gebrüll kämpfender und wütender Männer, unterstrichen vom Metallischen klang aufeinander prallender Schwerter. Zwischen drin, vernahm sie das zischen von Lunten und das bekannte klacken, wenn eine der neuen Steinschlosspistolen abfeuerte. Zu allem gesellte sich der Geruch von Schießpulver, vermengt mit Blut.

Blut, dass sich mit der salzigen Seeluft verschmischte und in ihr Übelkeit hervor rief.

Ohne dass sie etwas sah, wusste sie bereits, dass hier eine Seeschlacht im Gange war.

Sie zwang sich die Augen zu öffnen, doch zunächst sah sie nicht mehr als stechendes Weiß, bevor sich das Bild langsam klärte.

Der wippende Gang, verriet ihr, dass der Mann der sie trug nicht stehen geblieben war. Wohin er gehen wollte, sah sie nicht, dafür konnte sie rechts und links kämpfende Männer und Frauen ausmachen. Es war ein wütendes Gefecht, bei dem niemand auf den anderen Rücksicht nahm. Doch sie konnte deutlich die Fraktionen die sich bekriegten erkennen. Die Marine in ihren Typisch weißblauen Uniformen, die sich tapfer gegen teils zerlumpte Freibeuter behaupteten. Doch niemand hielt den Freibeuter auf, der sich mühelos einen Weg durch die kämpfenden bahnte.

"Käpt'n!" Rief ein Mann, der von Backbord auf sie zukam. Seine Kleidung war mit Blut befleckt, ebenso wie sein Sebel, von dem der rote Lebenssaft noch frisch hinab tropfte.

Währe sie ganz bei sich gewesen, so hätte sie sich sicherlich übergeben.

Der Mann der sie festhielt blieb stehen und blickte zu dem heran eilenden Mann hinüber. Er trug einen schwarzen dichten Bart und einen ebenso schwarzen Hut, dessen Saum an der Krempe mit Goldnähten verziert war. Der düstere Blick unter dem Schatten seines Hutes heraus, ließ sie erschaudern.

Das matte grün seiner Augen erschien ihr kalt und unnahbar.

"Sharbell", knurrte der Mann der sie hielt aus der tiefe seiner Brust, sodass sie das Vibriren in ihren Armen spürte, die schlaff an seinem Rücken hinab hingen. 

"Wie siehts aus?" Sie konnte das dreckige Grinsen in seinem Gesicht heraus hören und auch Sharbell bemerkte es, doch er sagte nichts dazu.

"Schlecht, Käpt'n." Brummte er und warf der Frau auf der Schulter seines Kapitäns nur einen flüchtigen Blick zu. In seinen Augen musste sie wie halbtot wirken.

Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, dann fühlte sie sich auch genauso.

Halbtot.

Nicht genug Leben in sich, um sich selbst zu befreien, aber noch genug um nicht auf zu geben.

Während sich die beiden Männer unterhielten, konnte sie das glitzern des Meeres, hinter der hölzernen Reling ausmachen. Es war so nah, doch zu gleich, war es so unfassbar weit weg.

Es bedurfte nur weniger Schritte und sie würde hineinfallen.

Nur wenige und doch unmögliche Schritte.

"Hilf mir." Wisperte sie kaum hörbar, durch den Stoff, der noch immer in ihrem Mund steckte.

Hätte sie gekonnt, so hätte sie die Hand nach dem Meer ausgestreckt, doch es war unmöglich.

Ihr Blick glitt an ihren Armen hinab.

Sie waren dunkel von all dem Dreck, der ihre Arme bedeckte.

Erde.

Es war nicht mehr als bloße Erde, die ihre Arme berührte und doch vermochte sie es nicht, sich diesen Dreck einfach von den Armen zu streifen und endlich dieses verfluchte Schiff hinter sich zu lassen. 

Sie gab ein hauchzartes wimmern von sich und schloss wieder die Augen.

Beinahe unbändig verlockend, schlich die Dunkelheit heran und griff nach ihr. Sie hätte sicherlich nachgegeben, wenn in diesem Moment nicht unmittelbar in ihrer nähe eine Kanonenkugel eingeschlagen währe und den Kapitän, beinahe von den Füßen gerissen hätte. Er mochte vielleicht nicht den Boden unter den Füßen verloren haben, schwankte aber und krachte schließlich hart mit den Rippen gegen die Reling seines eigenen Schiffes. Er riss die Augen auf und gab ein ersticktes Keuchen von sich, als ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde. 

Aus Reflex hatte er die Frau, die er auf seinen Schultern getragen hatte, fallen lassen und griff sich erstarrt in die Seite.

Für einen endlosen Moment beherrschte ihn der Schmerz, bis ein entferntes "Platsch" ihn zusammen zucken ließ und er herum wirbelte. Unter ihm sah er noch das Wasser, wie es aufgewühlt in den Wellen schwappte, doch von der Frau, die er eben noch getragen hatte, war keine Spur mehr zu sehen.

"FUCK!!!" Brüllter er und schlug wutentbrannt in die Reling ein, welche unter einem Aufschrei nachgab und in tausend teile zersplitterte. 

 

Der Prolog besitzt 1175 Wörter