Evelia Messeria, strich sich eine ihrer wild gelockten Strähnen aus dem Gesicht, während ihre dunklen Augen über die Karte huschten. "Weit können sie nicht gekommen sein", erklärte sie mit einer tiefen, rauchigen Stimme, wobei sie sich auf ihre volle Unterlippe biss. In ihrer Hand hielt die großgewachsene und üppig gebaute Frau einen Kompass.

"Nur einige Seemeilen vor uns", bestätigte eine weitere Frau, die ebenfalls an dem schweren Eichenholztisch stand, auf dem man die Seekarte ausgerollt und mit schweren, rund geschliffenen Steinen fixiert hatte.

In ihrer Hand hielt die zweite, etwas kleinere und schlankere Frau ein Schreibrett mit einer Halterung, für Feder und einem kleinen Tintenfass. Auf ihrer kleinen, schmalen Nase saß akkurat, eine feingeschliffene Brille, mit einem ungewöhnlich dünnem Gestell, aus dunklem Holz.

Die hellgrünen Augen hinter den Gläsen waren wachsam und blitzten im Schein der Laternen zufrieden.

"Sie haben bei der Schlacht guten Schaden genommen, so sind sie nicht mehr in der Lage dazu, uns davon zu Segeln. Sie können lediglich einen guten Abstand halten." Sie sah aus einem der großen Bullaugen auf das glitzernde Meer hinaus.

"Sie haben vielleicht einen Aufschub von zwei Tagen."

Evelia sah zu ihrem Vizen auf und musterte die Frau aufmerksam. Anders als Evelias Haar, war ihres glatt und von einem hellen Braun. Ihr Gesicht glich dem einer Puppe, so zierlich und fein geschnitten war es. Wo Evelia harte und sture Züge besaß, war ihr Vize das genaue gegenteil. Ob es nun um die Körperform, oder die Haut der beiden Frauen ging.

Dennoch war jede der beiden Frauen eine Schönheit und ein Anblick für sich. Während Evelias Haut von einer dunklen Farbe war, war Lynarias so hell wie Elfenbein.

So ungleich die beiden Frauen auch sein mochten, so gut verstanden sie sich jedoch.

"Das wird uns Zeit geben, die nötigsten Reperaturen vor Ort an unserem eigenen Schiff vor zu nehmen", nickte Evelia und lehnte sich etwas zurück, wobei sie ihre Arme unter ihrem üppigen Busen verschränkte.

Ihr Blick glitt streng, aber mit einer gewissen Zufriedenheit über die Karte, bevor sie sich schließlich abwandte und auf das Deck ihres Schiffes trat.

Vor der Tür, herrschte ein reges Treiben. Über all liefen geschäftig ihre Soldaten über das Deck. Jeder mit einer ihm bestimmten Aufgabe vertraut. Jeder für sich und doch liefen ihre Arbeiten ineinander über und erschufen so ein wahres Werk, ähnlich einem Uhrwerk, in welchem jeder Zahn in den nächsten griff.

Ein feines Lächeln zierte ihre Lippen.

Bei dem Tempo was sie vorlegten dürfte es schwierig für ihn werden, ihnen zu entkommen.

Dennoch gab es noch immer diese eine Sache über die sie sich bereits seit geraumer Zeit den Kopf zerbrach.

Hatte er sie wahrhaftig noch in seiner Gewalt?

Und was war so wichtig an einer einzelnen Person, das selbst die Regierung sie haben wollte?

Es gab viele Menschen, die für die Regierung von Wert waren, doch ihr blieb schleierhaft was man von nur einer einzigen Person wollte?

Ihre Befehle waren deutlich gewesen.

Man wollte sie Lebend!

Wenn nur Dyrian und seine Piratenband ihr nicht in die quere gekommen wäre, dann hätten ihre Vorgesetzten schon lange, was sie wollten.

Evelia biss sich auf die Lippen und verzog das Gesicht zu einer düsteren Maske.

Doch sie würde ihn sich holen und seinen Kopf auf einen Pfahl stecken.

Dessen war sie sich absolut sicher.